Model Cara Delevingne im Burberry-Regenbogen-Mantel auf der London Fashion Week im Februar 2018
Model Cara Delevingne im Burberry-Regenbogen-Mantel auf der London Fashion Week im Februar 2018 (Foto: Samir Hussein/gettyimages)

Veröffentlicht am 14. September 2021

Fashion

Der Regenbogen als Statement-Mode

Runway

Auch Designer:innen haben den Regenbogen für sich entdeckt: Es gibt kaum ein Label, das zumindest zum Pride Month jedes Jahr im Juni noch ohne DAS Diversity-Symbol auskommt. Für die Rainbow World hat Marcus Luft, Modechef der Gala, aufgeschrieben, wie die Farben der Vielfalt Einzug in die Welt der Mode hielten – und warum sie Träger:innen und Schöpfer:innen gleichermaßen anziehen.

Als die damalige Fotografin, PR-Assistentin und Texterin Iris von Arnim nach einem schweren Autounfall fünf Monate im Krankenhaus verbringt, wirft ihr ein Freund irgendwann ein Kilo Wolle aufs Bett. Sie solle mal etwas anderes machen als nur die Rolling Stones zu hören, sagt er zu ihr. Also fängt sie an, zu stricken. Für ihren ersten Pullover sucht sie sich Farben aus, die für Fröhlichkeit, Weltoffenheit und eine gesunde Portion Optimismus stehen. Farben also, die sie in ihrer Situation aufmuntern. Das Ergebnis: 1976 ist der Regenbogenpullover von Iris von Arnim auf dem Cover der Zeitschrift Für Sie. Es ist der Beginn einer großen Karriere. Heute ist Iris von Arnim 76, lebt in Hamburg und gehört als „Queen of Cashmere“ zu den bekanntesten Designerinnen Deutschlands.

London, gute 40 Jahre später: Nach 17 Jahren als Kreativdirektor bei Burberry beendet Christopher Bailey im Februar 2018 seine Karriere. Und wie er sie beendet! Er setzt die Show unter das Motto des Regenbogens. Fast alle Klassiker des Hauses wurden mit den typischen Farben veredelt. Zum Finale kommt Cara Delevingne, die von Bailey entdeckt auch bei Burberry ihr Debüt als Laufstegmodel gab, auf den Catwalk. Sie führt die Reihe der Models zum Communards-Hit „Don't Leave Me This Way“ unter einem Lichtzelt in allen Regenborgenfarben an und wird mit Jubel und Standing Ovations empfangen.

Der Regenbogen zieht sich wie ein bunter Faden durch die Fashion-Jahrzehnte.

 

Knallig, NICHT KRAWALLIG

Auf den Laufstegen der großen Luxusmarken ist der Rainbow-Print nicht mehr wegzudenken. Lacoste lässt die Farben als Blockstreifen für Pullover stricken. Die aktuelle Multicolor-Kollektion von Gucci schillert in den Farben des Regenbogens. Stella McCartney entwirft ein Statement-Piece, das mit Wolken, Sonne und einem Smile-Print für gute Laune sorgt. Aber eben nicht nur das. Der Regenbogen ist mehr als bunter Stimmungsmacher. Für viele Modemacher:innen und natürlich auch für die Träger:innen der Rainbow-Pieces ist er ein Statement: Ich bin für Vielfalt! Noch mehr: Ich will ein Teil dieser bunten diversen Gesellschaft sein und jeder soll es sehen. So wird ein Shirt plötzlich politisch, aktivistisch – knallig, nicht krawallig.

Mode ist eben nicht nur Mode. Sie kann auch Abspielfläche unserer inneren Haltung sein. Und es ist so einfach! T-Shirts, Kleider, Taschen, Tücher, Schuhe oder Schmuck – der Regenbogen ist überall. Reinschlüpfen und Flagge zeigen.

 

Is IT JUST Rainbow-Washing?

Ja, okay ­– einige Labels nutzen das Vielfaltssymbol zum Rainbow-Washing, schlagen Profit aus dem Diversity-Lebensgefühl, ohne dass ihr Unternehmen wahrhaftig hinter dem Vielfaltsgedanken steht. Marken versuchen, sich durch die Verwendung der Symbolik in ein progressives Licht zu rücken und außerdem noch für einen Monat einen neuen Absatzmarkt zu schaffen. Pünktlich zum Juni packt man die Regenbogenfarben aus – und hängt sie den Rest des Jahres wieder in den Schrank.

Aber es gibt auch positive Beispiele von Konzernen, deren Unterstützung über die bloße Verwendung der Symbolik hinausgeht: So spendet die Jeans-Marke Levi's die gesamten Einnahmen aus ihrer Regenbogen-Kollektion an die LGBTQ-Menschenrechtsorganisation OutRight Action International, die auch von Calvin Klein finanziell unterstützt wird. Ralph Lauren gab Teile des Erlöses aus der Pride-Kollektion an die Stonewall Community Foundation weiter, Versace unterstützt die Organisationen Pride Live und ArciGay. Es muss außerdem nicht immer finanzieller Support sein, Diversity fördern geht auch auf andere Art: Calvin Klein etwa arbeitete mit in der queeren Szene bekannten Models, das US-Label Dickies heuerte für eine Kollektion queere Designer:innen an. That's the rainbow spirit!

 

 

Text: Marcus Luft
Fotos: Samir Hussein / Getty Images; Victor Boyko / Getty Images (Vorschaubild)