Veröffentlicht am 10. März 2022

Notes

Lästern war gestern

Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben, die großen Impact auf uns haben – eine Begegnung, eine Beobachtung oder auch einfach ein Gedanke, der uns zufliegt. In den "Notes" schreiben Mitwirkende der Rainbow World über Themen, die sie einfach mal ansprechen wollen. Weil sie ihnen eben gerade auf dem Herzen liegen. Diesmal: Anna Hesse, Mitgründerin der Rainbow World.

Ist lästern lustig oder einfach nur ätzend? Also ich finde es zunehmend unerträglich. Bei anderen, aber vor allem an mir selbst. Das ist jetzt gar nicht unbedingt so tugendhaft gemeint, wie es vielleicht klingt. Denn.. lästern ist ja nicht nur fies – man tut auch sich selbst damit nichts Gutes. Ich jedenfalls merke richtig, wie ich mir negative Energie auflade, wenn ich schlecht über andere spreche. Von dem schlechten Gewissen mal ganz abgesehen. Braucht man wirklich dieses Tool – sich mit jemandem gegen eine:n andere:n zu verschwestern oder -brüdern, um das Wir-Gefühl zu stärken? Bzw. wiegt dieses Gemeinschaftsgefühl die toxische Wirkung des Lästerns auf? Spricht es nicht für ein kleines Ego, sich auf diese Weise über andere zu erheben? Zweifelsohne ist es nicht unbedingt ein Indiz für ein freundliches, herzliches, achtsames Wesen. Es gibt ja so Menschen, die fast zwanghaft über andere herziehen. Im Visier nicht nur Personen aus dem direkten Umfeld, sondern auch random strangers, die „dumm“, „geschmacklos“, „zu dick“, „zu dünn“ oder bestimmt so oder so sind, weil blablabla. Whatever. Wer flüstert, der lügt, heißt es ja auch. Vielleicht weil die Gemeinheiten, die da getuschelt werden, einem Faktencheck nicht unbedingt standhalten würden.

Ich saß letztens mit drei Personen zusammen, die sich so bitter das Maul zerrissen haben. Über jede:n, die/der ihnen so über die Lippen kam. Als ich mich aus der Runde verabschiedete, meinte ich mit einem Augenzwinkern (aber durchaus irgendwie ernst gemeint) zu ihnen, dass ich mich fast nicht trauen würde, den Raum zu verlassen. Wer weiß schon, ob man allein schon durch Abwesenheit zum Gesprächsthema wird. Große Augen. Unverständnis. Und dann „ha ha, hi hi“ den ungemütlichen Kommentar weggekichert. Tschüüüs – und ab die stille Post? Maybe.

Sagen wir mal so: Wenn jemand richtig fies ist, finde ich es völlig okay, ihr oder ihm hinterm Rücken den verbalen Mittelfinger zu zeigen. Als harmloses Ventil ohne weitere Eskalation. Indiskutabel ist systematisches Lästern, bei dem sich Gruppen an Einzelnen festbeißen. Hallo Mobbing. Ich selbst übe mich darin, mich aus Lästerrunden auszuklinken und sie schon gar nicht selber anzuzetteln. Ganz nach dem Motto: Wenn du nichts Gutes über jemanden zu sagen hast, dann sag einfach gar nichts. Fühlt sich gut an. Ja, okay, gelingt mir nicht immer. Aber I try, I really do ;-)