Veröffentlicht am 14. September 2021

Notes

Wann genau haben wir das mit dem Karma vergessen?

Manchmal sind es die kleinen Dinge im Leben, die großen Impact auf uns haben – eine Begegnung, eine Beobachtung oder auch einfach ein Gedanke, der uns zufliegt. In den "Notes" schreiben Mitwirkende der Rainbow World über Themen, die sie einfach mal ansprechen wollen. Weil sie ihnen eben gerade auf dem Herzen liegen. Diesmal: Theresa Hallermann, Mitgründerin der Rainbow World.

Wie viel Miteinander ist uns heutzutage eigentlich geheuer? Wenn ich einen fremden Menschen auf der Straße grüße, weil es mir unhöflich vorkommt, es nicht zu tun, ernte ich dafür oftmals einen maximal irritierten Blick. Wenn ich abbremse, um ein Auto in die Lücke vor mir sneaken zu lassen – noch dazu begleitet von einem Lächeln und einer von rechts nach links wischenden Handbewegung zur Verdeutlichung meiner Idee – traut sich der Mensch am Steuer des anderen Wagens nicht, auch tatsächlich aufs Gaspedal zu drücken. Und es dauert nicht lang, bis es hinter mir hupt. Oder, Variante B, mein Ich-lass-Dich-vor-Angebot wird angenommen und ich warte vergeblich auf das Danke-das-war-nett-Handzeichen. Sind wir inzwischen so weit, dass wir uns Freundlichkeit nicht mehr abnehmen, hinter jeder Nettigkeit einen gemeinen Gedanken vermuten und schlichtweg keinen Bock und keine Zeit mehr für zwischenmenschliche Mikro-Kommunikation haben? Das Haltbarkeitsdatum der Redewendung "Wie es in den Wald hinein ruft, so schallt es hinaus" scheint klammheimlich abgelaufen zu sein. Wie konnte das passieren? Das in die Jahre gekommene Sprichwort ist einfach ersetzt worden. Neumodisch interpretiert heißt die Sache mit dem Wald nämlich nichts anderes als "Karma strikes back". Nur leider ist damit eher gemeint, dass eine Person, die nicht nett war, ganz sicher irgendwann mal zur Strafe auf einer matschigen Bananenschale ausrutscht anstatt dass ihr Wunderbares widerfährt, weil sie so freundlich war. 

Eine Geste ist Belohnung genug

Es gibt immer wieder diese Geschichten von Geldkuverts die unvermittelt und ohne Absender in Gebüschen, Briefkästen oder an Windschutzscheiben geklemmt auftauchen. Zuletzt in Kaiserslautern, Konstanz und Mannheim. Wundere ich mich bei all dem Gegrüße und Vorgelasse nun, warum nicht auch ich mal so einen Umschlag aus meinem Briefkasten gefischt habe? Nein. Denn hin und wieder klappt das Nettsein ja auch ganz gut. Wenn jemand statt irritiert fröhlich überrascht reagiert. Wenn ich das Gefühl habe, dass ein gutes Miteinander von einer Seltenheit zur Selbstverständlichkeit wird. Das ist Belohnung genug. 

 

Fotos: Privat, Jacqueline Mungía / Unsplash (Vorschaubild)