Norman Granz: Jazz gegen Rassismus
Sein Jazz-Label Verve Records veröffentlichte Größen wie Billie Holiday, Charlie Parker, Louis Armstrong und Ella Fitzgerald. Doch noch auf einem anderen Gebiet hat sich Jazz-Manager Norman Granz verdient gemacht: Mit Liebe zur Musik, Hartnäckigkeit und Gerechtigkeitsgefühl überwand er schon in den 40er Jahren die Rassentrennung.
Los Angeles, Kalifornien, in den 1940er Jahren: Die Segregation, die „Rassentrennung“ ist allgegenwärtig. Weiße und schwarze Menschen benutzen getrennte Toiletten, Schwarze müssen in Bussen hinten sitzen, es gibt Restaurants nur für Weiße und in Veranstaltungshallen sind Bereiche nach Hautfarbe abgetrennt. Zu dieser Zeit sind Ella Fitzgerald, Dizzy Gillespie und viele andere schwarze Musiker bereits Stars des Jazz, ihre Musik erreicht längst auch weiße Fans. Wegen ihrer Hautfarbe blieben ihnen aber viele Clubs und Hallen versperrt – oder sie mussten sie durch den Hintereingang betreten.
Das blieb so, bis Norman Granz der Manager dieser bekannten Musiker wurde. Der 1918 geborene Sohn ukrainisch-jüdischer Einwohner war in einer sehr gemischten Gegend in Los Angeles aufgewachsen, ethnische und kulturelle Vielfalt waren für ihn nichts Erschreckendes, sondern etwas, das es zu schützen galt. Für ihn verdienten Jazz-Musiker ein ebenso hohes Ansehen wie Leonard Bernstein und andere Stars der klassischen Musik. So begann Granz, den Jazz herauszuholen aus den verrauchten Kellerclubs, und ihn auf die großen Bühnen der Konzerthallen zu stellen. „Jazz At The Philharmonic“ hieß die Konzertreihe, die er zunächst mit geliehenem Geld organisierte, nach der Philharmonic Hall in Los Angeles, wo alles seinen Anfang nahm. Ob schwarz oder weiß, bei Granz spielten Musiker verschiedener Hautfarben zusammen im Orchester.
Rassentrennung aufgehoben – für den Abend
Doch nicht nur auf der Bühne gab es keine Rassentrennung mehr: Auch im Publikum saßen Menschen unterschiedlicher Hautfarbe nebeneinander. Absperrungen zwischen weißen und schwarzen Besuchern ließ er nicht zu. Als „Jazz At The Philharmonic“ immer erfolgreicher wurde und schließlich auf Tour ging, buchte Granz seinen Musikern die besten Hotels – deren Betreiber sich dann daran gewöhnen mussten, dass auch die schwarzen Musiker das Hotel durch den Haupteingang betraten.
Bei einem Konzert in der texanischen Stadt Dallas allerdings zeigte sich noch 1955, dass Granz' Herangehensweise nicht allen gefiel. In der Gardedrobe vertrieben sich Ella Fitzgerald, Dizzy Gillespie und Illinois Jacquet die Zeit zwischen zwei Auftritten mit Würfelspielen. Der Einsatz betrug nur einen Dollar, doch der örtlichen Polizei war dies Grund genug, die Drei wegen illegalen Glücksspiels zu verhaften und zur Wache mitzunehmen. Granz protestierte und wurde sogleich beschuldigt, das Spiel selbst organisiert zu haben. Statt nachzugeben und eine geringe Strafe zu zahlen, ging er gegen die Anschuldigungen vor – was ihn am Ende 2000 Dollar kostete, doch die Namen seiner Musiker waren reingewaschen. Das war es ihm wert.
Norman Granz war außerdem Gründer von Verve Records, des bis heute größten und vermutlich wichtigsten Jazz-Labels. Er starb 2001 im Alter von 83 Jahren in Genf.
Text: Christian Zeiser