Veröffentlicht am 16. Februar 2022

Musik

Eine stolze trans*-Frau: Der Sänger Frank Turner über seinen Vater Miranda

Transformation

Am 11. Februar ist das neue Album des britischen Musikers Frank Turner erschienen. Mit seiner Mischung aus Punk und Folk hat der 40-Jährige vor allem in Großbritannien und den USA beachtliche Erfolge gefeiert, 2012 trat er bei der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in London vor 80.000 Zuschauern in Wembley sowie einem weltweiten Publikum auf. Turner unterstützt LGBTQI*-Projekte, wie beispielsweise die Ally Coalition. Die Seite Queer.de bezeichnete Turner als weitgereisten Troubadour, bodenständigen Folk-Punk-Helden und den mit Abstand sympathischsten Knabe jenseits des Ärmelkanals. Auf seinem neuen Album “FTHC” singt Turner über seinen Vater, der nun eine stolze trans*-Frau sei.

"Mein Vater fühlt sich heute viel wohler in seiner Haut, als ich es jemals zuvor erlebt habe", erzählt Turner. Mittlerweile habe er eine echte Verbindung, eine persönliche Beziehung zu seinem Vater, so der Sänger. Das hätte er zuvor nie sagen können. "Das erscheint mir sehr wertvoll", sagt Turner, er schätze und genieße diesen Fortschritt. In seinem Lied erzählt Frank Turner über diesen sehr persönlichen Teil seiner Familiengeschichte:

 
My father is called Miranda these days / She's a proud transgender woman
And my resentment has started to fade / Because it was never about who she was
Just the way that he behaved / And now my father is Miranda and we're ok
In all the years we were estranged / I was always hoping that you would find a way to change
And after everything that we've been through / Miranda, it's lovely to meet you!

 

In wenigen Versen legt der Sänger dar, wie unglücklich sein Vater gewesen sein muss - und wie diese innere Zerrissenheit zu Aggressionen gegen die Außenwelt führten. Konkret: gegen den eigenen Sohn. Umso wunderbarer, dass dieser einst wütende Vater plötzlich neben Frank auf der Bühne tanzte:

Frank Turner trägt eine Jeansjacke und sitzt auf einem Klappsessel in einem Kino- oder Konzertsaal. Vor sich seine Gitarre, die er am Gitarrenhals hält.
Musiker Frank Turner (Foto: Getty Images)
When I was young he always seemed so filled with rage / He was angry at my clothes, my hair, my music, my teen age
But one sunny afternoon, she was dancing next to me on stage / I felt my anger drain away from inside my rib cage
The problem with carrying hate / For someone who doesn't know/ Is you're the only one carrying the weight / Best to just let it go
And get to know you for who you are / Who you really are / Who you really are
And who you've always been / Who you've always been

 

"Es war klar, dass mein Vater für eine lange Zeit gelitten hatte." Dennoch sei es insbesondere für seine Mutter schwer gewesen, die weibliche Geschlechtsidentität von Miranda zu akzeptieren, sagt Turner. Ob er stolz auf seinen Vater sei? "Stolz ist eine interessante Wortwahl", antwortet der Sänger. Er freue sich darüber – und der Schritt müsse auch viel Mut gefordert haben, von daher "vielleicht stolz, ja". Nicht alles sei jetzt perfekt, schränkt Turner auch ein: "Wir haben immer noch eine Menge Probleme zwischen uns, wir sind immer noch zwei Menschen mit unserer Vergangenheit und unserer Zukunft, die wir berücksichtigen müssen." Aber das sei eine bessere Situation als viele andere, die möglich gewesen seien.

Ob er Miranda noch als seinen Vater sieht – oder jetzt als Mutter? "Miranda ist mein Vater", antwortet Frank Turner eindeutig. "Das ist eine unumstößliche Tatsache. Sie ist ganz sicher nicht meine Mutter; meine Mutter heißt Jane und lebt in Hampshire, und es wäre für sie ­– und mich ­– sehr verletzend, wenn ich Miranda meine Mutter nennen würde. Und Miranda kümmert sich nicht wirklich um Wörter und Pronomen. Ich tue mein Bestes, um es richtig zu machen und rücksichtsvoll zu sein, aber wir sind zwei Menschen, die miteinander interagieren, es ist keine ständige politische Diskussion, keiner von uns ist daran interessiert. Der Song ist ziemlich direkt, er ist nicht gerade metaphorisch, es ist einfach die Geschichte, wie sie passiert ist."

In all the years that we have left / Let's be our best selves, and let's be friends
I'll be me, promise me that you'll be you / Oh, Miranda, it's lovely to meet you

 

Turner engagiert sich für die LGBTIQ*-Communities – will sich aber nicht zu sehr in politische Themen einmischen: "Der Ton der öffentlichen Debatte zu diesem Thema ist so extrem, dass man sie am besten meidet. Ich würde lieber den (trans*-)Menschen zuhören, die davon direkt betroffen sind, als mich darüber auszulassen."

Der Musiker sieht einfach jeden Menschen für sich und appelliert, es sei "am besten, den Menschen zu glauben, wenn sie über sich selbst, ihre Gefühle und ihre Identität sprechen, und ihnen auf dieser Grundlage zu begegnen". Er versuche, "jede Person, die ich treffe, nach ihren eigenen Bedingungen zu behandeln. In gewisser Weise geht mich die geschlechtliche Identität eines Menschen nichts an, sie ist nichts, was ich kommentieren oder worüber ich eine Meinung haben sollte. Ich akzeptiere das, was mir präsentiert wird, und interagiere mit jemandem als menschliches Wesen, das ist alles."

 

Text: Patrick Gensing

Frank und Miranda auf Instagram Frank Turners Website

 
Frank Turners Song "Miranda":